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Binswangers Medizin gegen den Wachstumszwang
By Flo | Juli 13, 2009
Beim Googeln bin ich auf ein lesenswertes PDF (Link wegen deutscher Interpretation von Haftung bei Urheberrechtsverletzungen entfernt) von Professor Binswanger gestoßen. Darin fasst er noch mal die Kernaussage seine Buchs „Die Wachstumsspirale“ zusammen. Das Buch hatte ich mir damals 2006 als intellektuelle Vorbereitung auf die Krise zugelegt. Jedenfalls erläutert er die Zusammenhänge, die zu einem Wachstumszwang der Wirtschaft führen, in dem PDF deutlich klarer, als ich als interessierter Laie es könnte. Wenn Ihr tiefer einsteigen wollt, lohnt sich aber natürlich zusätzlich das Buch. Insbesondere, wenn Ihr euch für Formeln und so ein Kram interessiert (das Buch ist so geschrieben, dass man es mit oder ohne Formelkram lesen kann).
Der Vorteil des PDFs ist, dass es aktueller ist, und daher deutlichere Bezüge zur Krise hat. Ausserdem stellt Herr Binswanger, der übrigens Josef Ackermanns Doktorvater ist, in dem Dokument ein paar Ideen vor, wie man den Wachstumszwang überwinden könnte:
Zitat wegen Leistungsschutzrechts entfernt.
Vollgeld bedeutet, dass Banken keine Geldschöpfung mehr betreiben dürfen, sondern dass die Geldschöpfung allein durch die Zentralbank geschieht. Ich nehme an, dass dadurch der Zwang entfallen soll, immer höhere Zinsen und Zinseszinsen zu erwirtschaften, denn die Zentralbank kann das Geld natürlich zinslos schöpfen. Bleibt die Frage offen, wie das frisch geschöpfte Geld unter die Leute gebracht werden soll. Bisher findet die Geldschöpfung ja hauptsächlich bei den Banken statt, und die finden schon Verwendung für das neue Geld…
Die Zentralbank sollte sich aber als öffentliche Einrichtung um das Allgemeinwohl bemühen. Daher die Idee mit dem Grundeinkommen: man könnte das frische Geld direkt an die Bürger ausschütten (oder alternativ für Steuersenkungen benutzen). Wenn man das Geld als Schwundgeld ausstattet (d.h., es wird immer weniger wert, wenn man es nicht investiert), kommt auch keiner auf die Idee, das Zeug in der Matratze zu bunkern, sondern es wird entweder für Konsum oder Investitionen ausgegeben.
Und jetzt die Preisfrage zum Unterpunkt Schwundgeld: was ist der Vorteil zum heutigen System, in dem das Geld ebenfalls immer weniger wert wird, nämlich durch Inflation? Liegt er in einer eventuellen besseren Planbarkeit begründet? Und was sind die Auswirkungen einer Geldsystemreform auf Wechselkurse und die internationale Wettbewerbsfähigkeit? Schade dass Herr Binswanger das Ganze nicht näher ausführt. Vielleicht holt er das in seinem neuen Buch nach, das im September erscheint. Eigentlich unglaublich – der Mann ist 80 und arbeitet immer noch intensiv an unkonventionellen Ideen. Weiter so, Herr Binswanger! Neue Ideen braucht das Land.
Topics: Wirtschaft
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