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Zwei Geschichten des Kapitalismus

By Flo | September 6, 2009

Heute möchte ich euch zwei Bücher vorstellen, die die Geschichte des Kapitalismus von zwei sehr unterschiedlichen Blickwinkeln erzählen. Das erste heißt „Der Aufstieg des Geldes: Die Währung der Geschichte“ und wurde von dem britischen Historiker Niall Ferguson verfasst. Es erzählt die Evolution des Finanzsystems beginnend von den Medici über die Niederländische Ostindien-Kompanie bis hin zu den modernen Investment-Banken.

Als Historiker stellt er dabei auch spannende Querverbindungen her. Zum Beispiel waren bessere Finanzierungsmöglichkeiten in vielen Konflikten kriegsentscheidend. Natürlich fehlt auch eine Darstellung der historischen Blasen an den Finanzmärkten und deren Auswirkungen nicht. Die holländische Tulpenblase von 1637 dürfte ja allgemein bekannt sein. Aber wusstet Ihr, dass John Law im 18. Jahrhundert in Frankreich das Papiergeld einführte, und durch vermehrtes Drucken desselben eine gewaltige Spekulationsblase am Platzen hindern wollte? Natürlich ist die Blase trotzdem geplatzt, und es gab zudem eine heftige Inflation. Der französische Adel hatte jedenfalls als Folge über Jahrzehnte Schwierigkeiten sich zu finanzieren. Nunja, am Ende des 18. Jahrhunderts hatte der Adel dann ja andere Probleme als seine Finanzen…

Ferguson legt besonderen Wert auf die technischen Mechanismen der Finanzwelt und die Auswirkungen von Finanzinnovationen auf das Machtgefüge der großen Spieler. Der Leser bekommt also Einblick in die Entwicklung, Funktionsweise und Auswirkungen der modernen Finanzinstrumente. Die Nebenschauplätze übergeht er dabei.

Von einer ganz anderen Warte betrachtet Naomi Klein in Ihrem Buch „Die Schock-Strategie: Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus“ den modernen Kapitalismus Friedmanscher Prägung. Sie erläutert, wie seit den 70er Jahren systematisch die Ideologie des reinen Kapitalismus (also ohne die Abschwächung durch Sozialsysteme wie in Deutschland) verbreitet wurde. Zunächst mussten die südamerikanischen Staaten herhalten. Dort wurden, wie sicher allgemein bekannt, demokratisch gewählte, sozial-orientierte Regierungen mit amerikanischer Unterstützung weggeputscht und durch brutale Diktaturen erstetzt. Dabei ging es laut Klein aber nicht um den Kampf gegen den Kommunismus, den die USA damals mit allen Mitteln führten, sondern vor allem um die Geschäftsmöglichkeiten, die sich dadurch ergaben. Denn so kamen westliche Großunternehmen plötzlich an die reichen Rohstoffvorkommen, neue Absatzmärkte und ein Heer von billigen Arbeitskräften heran.

Auch die Fehler, die nach dem Zusammenbruch des Ostblocks in den ehemaligen Sowjet-Staaten begangen wurden, führt Naomi Klein auf die rücksichtslose Durchsetzung westlicher Wirtschaftsinteressen zurück. In Russland führte das zum heutigen Zustand, in dem ein paar superreiche Oligarchen das Land kontrollieren, während dem Durchschnittsrussen nur billiger Vodka bleibt. Schliesslich ist dem Irak, und der Korruption der Bush-Regierung, die zu dieser Tragödie führte, ein sehr aufschlußreiches Kapitel gewidmet.

Wie Ihr euch vielleicht denken könnt, stammt Frau Klein aus dem linken Lager. Daher ist die Analyse zuweilen etwas ideologisch gefärbt.
Doch insgesamt ist das Buch wirklich lesenswert (wenn auch emotional anstrengend, wegen der diversen Schilderungen aus dem Irak oder anderen Diktaturen), selbst wenn es sich naturgemäß einseitig auf den Missbrauch der kapitalistischen Ideologie konzentriert. Aber gegen Einseitigkeit helfen bekanntlich verschiedene Blickwinkel. Daher werden euch hier auch gleich zwei Geschichten des Kapitalismus vorgestellt….

Topics: Politik, Wirtschaft

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