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Let my people go
By Flo | Januar 26, 2011
Bestimmt habt ihr mitbekommen dass gerade auch die Ägypter am demonstrieren sind. Vorbild sind natürlich die Tunesier, die auf diese Weise ihren Diktator abserviert haben. Der tunesische Diktator wurde bekanntlich vom Westen unterstützt – auch nachdem die ersten Demonstranten ermordet wurden, hat Frankreich noch dem Regime Unterstützung angeboten.
Leider wird auch die ägyptische Regierung von uns unterstützt. Insbesondere ist sie der wichtigste militärische Verbündete der USA ausserhalb der NATO und Israel in der Region. Dabei handelt es sich hier um eine reinrassige Diktatur. Formal hat das Land zwar demokratische Institutionen, befindet sich aber real seit drei Jahrzehnten in einem offiziellen Ausnahmezustand, in dem Mubarak als Dauer-Präsident eingesetzt ist. Laut Amnesty ist Folter in Ägypten an der Tagesordnung. Die Menschenrechtssituation könnt ihr auch auf Wikipedia nachlesen. Punkt ist, dass man den Ägyptern nur wünschen kann, dass sie ihr aktuelles Regime so schnell wie möglich loswerden.
Dem stehen aber leider vermutlich wichtige geopolitische Interessen des Westens entgegen. Ägypten ist wie gesagt ein wichtiger Verbündeter der Amerikaner. Sollte es den Ägyptern gelingen, die Regierung zu stürzen, sind sie eventuell nicht unbedingt den Unterstützern der alten Regierung wohlgesonnen. Eventuell wenden sie sich gar dem extremen Islamismus zu, obwohl ich das für Panikmache halte. Einen islamistischen Gottesstaat findet man nämlich in der Region bereits, samt Diktatur, Scharia und massiver finanzieller Unterstützung für Terroristen: Saudi-Arabien, das natürlich ebenfalls zu unseren guten Freunden gehört.
Jedenfalls entspricht ein demokratischer Wandel nicht unbedingt den Interessen der USA und damit auch den unserer Eliten. Daher ist es spannend zu beobachten, wie Medien und Politiker die Proteste einordnen und kommentieren. Hillary Clinton hat die ägyptische Regierung als stabil bezeichnet. Damit lehnt sie sich nicht zu weit aus dem Fenster, entmutigt aber eventuell unentschlossene Revolutionäre. Im Spiegel ist vom ägyptischen „Regime“ die Rede, was man wohl als Contra-Mubarak werten kann. Auf der Hauptseite von CNN habe ich spontan keine Erwähnung der aktuellen Situtation in Ägypten finden können. Auf den zweiten Blick findet man aber über die Suchfunktion einen ausgewogenen Artikel. Darin wird wiederum unter anderem die amerikanische Regierung zitiert, die ihre Beziehung zu Ägypten als „fest und freundlich“ definiert.
Wichtig für die Protestler ist übrigens eine möglichst große Aufmerksamkeit, auch um mehr Leute zu mobilisieren. Deshalb wurden in Ägypten mittlerweile Facebook, Twitter und diverse Blogs abgeklemmt. Ich weiß, für manche unter uns wäre das die schlimmste Untat des Regimes… Hmm… Einen Ägypten-Urlaub kann ich mir nach diesem Beitrag wohl vorläufig besser mal abschminken.
Topics: Politik
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