Ebooks aus der Bibliothek
Von Flo | 15. November 2009
Als stolzer Ebook-Reader-Besitzer bin ich natürlich immer an Möglichkeiten interessiert, neues Futter für mein Gerät zu finden. Ein tolle Möglichkeit ist zum Beispiel die Onleihe. Das Konzept hinter der Onleihe ist simpel. Man kann sich über die Webseite Bücher aussuchen und auf seinen Ebook-Reader laden.
Die Nutzungsdauer der Bücher ist dabei über DRM beschränkt. Das bedeutet, dass ich mir die Bücher wie in der realen Bibliothek für einen gewissen Zeitraum „leihen“ kann. Am Ende der Leihfrist wird das Ebook automatisch „zurückgegeben“: die Datei ist zwar noch da, aber läßt sich nicht mehr öffnen. Das ist natürlich ungemein praktisch, denn man hat zum einen nicht die Lauferei zur Bibilothek, zum anderen kann es nicht passieren, dass man aus Versehen die Leihfrist überschreitet.
Teilnehmen an der Onleihe können alle Nutzer der angeschlossenen öffentlichen Bibliotheken. Eventuell müßt Ihr also dort einen Ausweis beantragen. Die Inhalte kommen dabei jeweils von der örtlichen Bibliothek. Onleihe.net ist also lediglich die gemeinsame technische Plattform, über die die angeschlossenen Bibliotheken das Verleihen von Ebooks abwickeln. Daher werden Nutzern von verschiedenen Bilbliotheken auch unterschiedliche Inhalte angeboten. Und auch die Leihfristen variieren.
Apropos Leihfrist: Bei der Stadtbibliothek Reutlingen, wo ich bin, ist die Leihfrist für elektronische Medien auf zwei Wochen beschränkt. In manchen Fällen kann das etwas kurz sein (zum Beispiel bei sehr dicken Wälzern). Auf der anderen Seite ist es natürlich verständlich, dass die vorhandenen Ebooks möglichst effizient genutzt werden sollen, indem sie frühzeitig weiterverliehen werden. Und man kann so ein Buch ja auch einfach bequem am Rechner nochmal ausleihen.
Trotzdem hätte ich einen Vorschlag, wie sich der Umgang mit der Leihfrist noch verbessern lassen könnte. Das Ganze ist ja elektronisch organisiert – daher darf das System etwas komplizierter sein, als in der herkömmlichen analogen Bibliothek. Meine Idee ist nun, statt fester Fristen jedem Nutzer eine gewisse Anzahl von Leihpunkten zu geben. Jeder Leihpunkt entspräche einer gewissen Nutzungszeit, und kann für ein vom Nutzer bestimmtes Medium ausgegeben werden. Wird das Medium zurückgegen, erhält der Nutzer seine Leihpunkte zurück. Wenn zum Beispiel der Nutzer also von der acht Leihpunkte erhält, hätte er die Wahl, ein einzelnes Buch für 8 Wochen zu leihen, 2 Bücher für 4 Wochen oder auch 8 Bücher für eine Woche. So würden die Ressourcen der Bibliotheken geschont, aber die Nutzer hätten trotzdem flexible Leihfristen.
Achja, das Buch, mit dem ich das System getestet habe war gar nicht als Ebook-Reader-geeignet gekennzeichnet. Es lag trotzdem im Epub-Format vor, und funktionierte entsprechend auf meinem Reader einwandfrei. Es lohnt sich im Zweifel also einfach mal auszuprobieren, ob ein Medium funktioniert. Die Zahl der Bücher ist nämlich noch überschaubar – die Onleihe befindet sich offenbar noch im Aufbau.
Was ihr aber auf keinen Fall machen solltet, ist den Kindle von Amazon zu kaufen. Das Gerät ist zwar cool, da man keinen Rechner braucht, um Bücher darauf laden zu können, denn der Kindle geht über Mobilfunk direkt ins Internet. Der Nachteil ist aber, dass nur Bücher aus Amazons Shop geladen werden können, weil der Kindle unter anderem nicht das Epub-Format versteht. Eine Liste kompatibler Geräte gibt es hier (Link wegen deutscher Interpretation von Haftung bei Urheberrechtsverletzungen entfernt).
Zahlungsmoral in den USA
Von Flo | 28. Oktober 2009
Auf zerohedge findet sich ein kurzer Beitrag über einen amerikanischen Kunden, dem seine Bank knapp die Hälfte seiner ausstehenden Kreditkartenschulden schenken möchte. Vorausgesetzt, er zaht die andere Hälfte kurzfristig zurück. So weit ist das nicht sonderlich überaschend, denn es ist ja bekannt, dass viele Amerikaner überschuldet sind. Und für eine Bank ist es durchaus rational, sich mit einem Teilbetrag zufrieden zu geben, bevor sie riskiert, ganz leer auszugehen.
Beunruhigend sind vielmehr die beinahe 400 Kommentare zu dem Beitrag. Etliche der Kommentatoren finden es nämlich völlig in Ordnung, die Banken abzuzocken, indem sie Ihre Kreditkarten bis zum letzten ausnutzen, dann nicht mehr zahlen um dann bei der Bank einen Rabatt herauszuschlagen. Natürlich ist auch dieses Verhalten für den einzelnen absolut rational. Aber eine arbeitsteilige Gesellschaft lebt von Vertrauen und Verlässlichkeit. Sollten die Kommentatoren also repräsentativ für den Rest der US-Amerikaner sein, dürfte der nächste größere Rums nicht allzu lange auf sich warten lassen.
Plan B
Von Flo | 18. Oktober 2009
Gerade bin ich mit der Lektüre von Lester R. Browns „Plan B 4.0: Mobilizing to Save Civilization“ fertig geworden. Das Thema des Buches ist, wie der Titel schon andeutet, ganz unbescheiden die Rettung der Zivilisation. Das ist natürlich ein hehres Ziel, doch warum ist die Zivilisation überhaupt in Gefahr? Der Autor nennt hier als Hauptgrund die Nahrungsversorgung für die immer noch weiter wachsende Weltbevölkerung.
Die Lebensmittelversorgung wird durch eine Vielzahl an Faktoren gefährdet. Zum einen ist da die steigende Nachfrage, durch mehr Menschen, die zudem einen immer höheren Lebensstandard anstreben. Soweit so klar. Aber auch auf der Angebotsseite sieht es, wenn wir so weiter wirtschaften wie bisher, düster aus. Denn das Produktionspotential für Lebensmittel wird gleich von einer Vielzahl von Faktoren in die Zange genommen.
Als wichtigsten Grund nennt der Autor Wassermangel. So ist zum Beispiel ein großer Teil der Landwirtschaft in Indien und China von künstlicher Bewässerung abhängig. Das Wasser kommt dabei üblicherweise entweder aus Brunnen oder von einem der großen Flüsse im Land. Das Problem mit den Brunnen ist, dass der Grundwasserspiegel von Jahr zu Jahr sinkt – es wird also mehr Wasser verbraucht als nachkommt. Das kann natürlich nicht ewig gut gehen. Und auch auf die Flüsse ist nicht wirklich Verlass. Denn diese werden im Sommer von den Himalaya-Gletschern gespeist. Im Augenblick liefern diese Gletscher mehr Wasser als üblich. Denn sie machen, was Gletscher bei einer Klimaerwärmung so tun: sie schmelzen. Sind die Gletscher mal weg, fehlt das Wasser gerade im Sommer, wenn es am nötigsten ist. Gleichzeitig sind die fruchtbaren Flussdeltas an den Küsten durch einen steigenden Meeresspiegel akut gefährdet. Wie die Faust aufs Auge passen da Meldungen über den dieses Jahr extrem schwachen Monsun in Indien.
Eine weitere Gefahr ist, dass durch Überbewirtschaftung oder Abholzung von schützenden Bäumen eine Erosion der dünnen Schicht Mutterbodens in Gang gesetzt wird. Ohne sie bleibt eine Wüstenlandschaft zurück. In den reichen Ländern hat man diese Lektion gelernt. Die Herausforderung liegt darin, dies in ärmeren Länderm, die am Existenzminimum wirtschaften zu verhindern.
Der letzte Faktor ist die Ölabhängigkeit der Weltwirtschaft. Sobald das Öl knapper (und teurer) wird, muss befürchtet werden, dass wieder vermehrt Biosprit aus Nahrungsmitteln hergestellt wird. Die gesamte US-Getreideernte würde aber höchstens 18% des amerikanischen Treibstoffbedarfs decken. Das bedeutet eine massive Einschränkung der Nahrungsversorgung, selbst wenn nur ein geringer Teil des Erdölverbrauchs durch herkömmlichen Biosprit ausgeglichen werden müsste,
Es sieht also nicht gut aus. Und das ist nicht nur ein Problem anderer Leute. Wenn die Verzweiflung nur groß genug ist, fallen Menschen leider entweder übereinander oder über ihre Nachbarn her. Das geschieht zwar auch jetzt schon. Aber spätestens sobald das in größerem Stil passiert, eventuell sogar in technologisch entwickelten Ländern mit modernem Waffenarsenal, hört der Spass auf.
Doch genug des Pessimismus. Denn der Autor stellt im zweiten Teil des Buches seinen „Plan B“ vor. Bei Plan B handelt es sich im Wesentlichen um Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels, zur Abkehr von der Ölabhängigkeit, zur Eindämmung des Bevölkerungswachstums und zu nachhaltiger Landwirtschaft. Alle vorgestellten Maßnahmen scheinen mir technisch durchführbar.
Das heißt, es ist eine rein politische Entscheidung, ob wir das Risiko eingehen, einfach weiterzumachen wie bisher.
Einen Artikel zu der Thematik, der eine schöne Zusammenfassung des Buches darstellt, findet Ihr übrigens in der Oktober-Ausgabe des Spektrum der Wissenschaft auf Seite 80ff. Ansonsten könnt Ihr die englische Fassung des Buchs kostenlos herunterladen (Link wegen deutscher Interpretation von Haftung bei Urheberrechtsverletzungen entfernt) oder auch die deutsche Fassung in Druckform bestellen.
Bank Run in Holland
Von Flo | 13. Oktober 2009
Von den deutschen Medien ziemlich ignoriert wird ein aktueller Bank Run in Holland (gefunden über egghat). Gerüchte haben dazu geführt, dass die Kunden in großem Stil Geld von der holländischen DSB-Bank abgehoben haben, das die Bank natürlich nicht hat. Denn Geldschöpfung, welche in unserem System ja absurderweise großenteils privat organisiert ist, funktioniert auch rückwärts.
Diejenigen Kunden, die nicht rechtzeitig vor der Pleite ihr Geld abgehoben haben, werden natürlich entschädigt. Das Problem dabei könnten die Mühlen der Bürokratie sein, die bekanntlich zumeist nicht wirklich schnell mahlen. Das kann ziemlich unangenehm werden, wenn man kurzfristig an sein Geld möchte. Darum ist es immer eine gute Idee, einen halbwegs aktuellen Kontoauszug zu haben, und sich zudem nicht zu 100% auf die tägliche Verfügbarkeit via ec-Karte zu verlassen..
Tausche ADAC-Mitgliedschaft gegen Ökostrom
Von Flo | 12. Oktober 2009
Gestern bin ich endgültig bei den Ökofritzen angekommen. Schuld ist ein Kollege. Der hat mich nämlich auf die Elektrizitätswerke Schönau aufmerksam gemacht. Im Gegensatz zu den meisten Anbietern scheinen die „Stromrebellen“ aus Schönau echten Ökostrom zu verkaufen. Ihr werdet euch sicher fragen, wie man Ökostrom fälscht. Das ist ganz einfach. Jeder große Stromkonzern produziert Strom in einer VIelzahl unterschiedlicher Kraftwerkstypen. So ist ein Teil Wasserkraft schon seit Jahrzehnten immer dabei. Diesen Teil Wasserkraft können die Konzerne aus ihrem bisherigen Mix herausnehmen, um ihn gutgläubigen Kunden als Ökostrom teuer verkaufen. Die anderen (entweder weniger umweltbewussen oder weniger naiven) Kunden bekommen dann einen entsprechend höheren Anteil am guten Atomstrom. Unter dem Strich ändert sich also nichts, ausser dass ein paar idealistische Trottel etwas mehr zahlen.
Die EWS beziehen nun im Vergleich dazu ihre Wasserkraft aus neuen Anlagen und fördern den Ausbau von kleinen dezentralen Kraftwerken. Ausserdem sind sie mit keinem der Großkonzerne verbandelt. Überzeugt hat mich dann der Preis. Da die Konzerne mittlerweile Wucherpreise selbst für normalen Strom von uns Endkunden verlangen, ist der Ökostrom kaum teurer. Für mich macht das gerade mal zwei Euro im Monat aus (und zwar im Vergleich zu meinem aktuellen Discount-Strom-Anbieter).
Diese zwei Euro spare ich problemlos durch meinen gleichzeitigen Austritt beim ADAC. Ich war dort nämlich Mitglied wegen des Pannendienstes. Aber meine Kfz-Versicherung bietet einen Schutzbrief für weniger als 15 Euro an, der genau die gleichen Leistungen bietet (bis auf die unverzichtbare Mitgliedszeitschrift mit der Werbung für Treppenlifte).
Auf die Art habe ich also ohne zusätzliche Ausgaben klimafreundlichen und Atommüll-freien Strom. Zur Feier des Tages genehmige ich mir darum erst mal ein fermentiertes Biogetränk (Achtung: kann Spuren von Hopfen und Malz enthalten).
Mein Ebook-Reader und ich
Von Flo | 4. Oktober 2009
Vor gut einem Monat habe ich mir einen Ebook-Reader gegönnt, und möchte euch meine Erfahrungen damit nicht vorenthalten. Meine Wahl fiel auf den Sony PRS-505S. Dieser Reader ist zwar schon eine Weile am Markt, ist aber hochwertig verarbeitet und hat keinen Touchscreen. Im Augenblick reduziert nämlich bei den Konkurrenzprodukten die Folie für die Touchscreen-Funktionalität den Kontrast etwas. Weil ich persönlich vorläufig auf das Feature. in meinen Ebooks herumzukritzeln zu können, verzichten kann, habe ich mich daher gegen einen Touchscreen entschieden.
Wichtig war mir vielmehr, dass der Reader das Epub-Format unterstützt. Epub ist ein relativ neuer, offener Standard, und es gibt Ebooks von den verschiedensten Produzenten für dieses Format. Das bedeutet, dass ich auf keinen Händler festgelegt bin, wie etwa bei Amazons Kindle. Im Vergleich zum Kindle kann der Sony übrigens keine Bücher direkt per UMTS herunterladen, sondern man muss den altmodischen Weg über ein USB-Kabel und einen PC gehen. Auch dies kann ein Vorteil sein: dadurch ist es nicht möglich, Inhalte per Funk zu verändern oder zu löschen, wie jüngst beim Kindle geschehen (wobei Amazon mittlerweile versprochen hat, derartige Eingriffe künftig zu unterlassen).
So, aber was sind denn nun meine Erfahrungen damit? Zuerst mal ist das Display wirklich klasse. Durch die verwendete E-Ink Technologie hat man einen unglaublichen Kontrast und kann auch im gleisendsten Sonnenlicht noch problemlos lesen. Das Display kommt dabei ohne Hintergrundbeleuchtung aus, und ist absolut flimmerfrei. Es liest sich weitgehend ermüdungsfrei wie ein richtiges Buch. Mit dem Unterschied, dass man die Schriftgröße in drei Stufen wählen kann.
Natürlich sind die Inhalte, die man käuflich erwerben kann, zumeist kopiergeschützt. Der Kopierschutz stammt von Adobe. Leider benötigt man ein Windows, um die kopiergeschützten Inhalte für den Reader freizuschalten. Die Kopierschutzsoftware war bei der Erstregistrierung des Readers etwas zickig, und konnte erst durch temporäre Deaktivierung der Firewall zur Zusammenarbeit überredet werden. Danach ging dann aber alles glatt.
Problemloser als kommerzielle Bücher sind natürlich freie Texte. Darunter fallen nach dem deutschen Urheberrecht alle Klasiker, deren Autoren länger als 70 Jahre tot sind. Eine Auswahl schon vorbereiteter Ebooks findet Ihr auf Feedbooks. Die umfangreichste Sammlung an freien Büchern führt aber immer noch das Projekt Gutenberg. Allerdings stellt das Projekt Gutenberg keine Bücher mehr zum Download zur Verfügung, sondern man muss eine DVD oder Speicherkarte mit den Texten kaufen, wenn man nicht im Browser lesen möchte (bzw an einem Skript basteln, siehe unten).
Ein weiteres Format, das der Sony unterstützt, ist PDF. Somit können auch Texte im PDF-Format, die man vielerorts herunterladen können, gelesen werden. Leider sind PDFs prinzipbedingt nur eingeschränkt umformatierbar. Der Reader versucht es trotzdem, denn für A4 ausgelegte Layouts machen auf dem kleinen Display nur bedingt Spass. Die Resultate sind gemischt – manche Dokumente funktionieren problemlos, andere lassen sich nicht vergrößern. Das bedeutet, damm man eigentlich Epub-Dateien möchte, wenn es geht.
Epub-Dateien lassen sich übrigens recht komfortabel mit dem Programm calibre aus Html-Dateien erzeugen. Aber wo bekommt man Bücher in sauber formatiertem Html her? Meistens sind im Netz veröffentliche Bücher ja entweder im PDF-Format, oder auf zig Html-Seiten verteilt, die zudem noch mit Navigationsleisten, Werbung und ähnlichem gespickt sind. Wenn Ihr technisch versiert seid, könnt Ihr euch ein kleines Python-Skript basteln, das automatisiert die gewünschten Inhalte herunterlädt, und alles überflüssige weglässt. Beim Herausfrickeln der Inhalte aus Webseiten hat sich für mich die Bibilothek BeautifulSoup bewährt. Ein kleines Beispiel, wie so ein Skript ungefähr aussehen könnte habe ich euch hier vorbereitet. Achtung: dieses Skript lädt so direkt nichts sinnvolles herunter. Es ist als Ausgangspunkt für eigene Experimente gedacht. Ihr müßt es schon für euren konkreten Einsatzzweck modifizieren – dazu braucht Ihr ein wenig Grundwissen über Python, Html und Regular Expressions, um es an die Struktur der jeweiligen Webseite anzupassen.
Warum ich die Piraten wähle
Von Flo | 25. September 2009
Am Sonntag ist Wahl, und vielleicht interessiert es euch, wo ich mein Kreuzchen setze. Eigentlich habe ich es bereits per Briefwahl gesetzt, da ich relativ spontan den hohen Norden unsicher mache. Aber egal, denn wichtig ist nicht das Wie, sondern das Wo und das Warum. Das Wo könnt Ihr bereits der Überschrift entnehmen: bei den Piraten.
Das hat mehrere Gründe. Zum einen bin ich hauptberuflich Softwareentwickler und nebenbei Blogger. Da die Piratenpartei einen überdurchschnittlichen Anteil dieser Berufsgruppen unter Ihren Mitgliedern beherbergt, dürften meine beruflichen Interessen von der Piratenpartei angemessen vertreten werden. Dies kann man zum Beispiel am klaren Nein der Piraten zu Softwarepatenten erkennen: Softwarepatente nutzen nur den IT-Großunternehmen, die meist von USA oder Indien aus agieren. Der gesamte Mittelstand, aus dem sich die deutsche IT-Landschaft vornehmlich zusammensetzt, wäre vom Ruin bedroht, sollten Lobbyisten der Großkonzerne Softwarepatente durchdrücken. Aber diese reinen IT-Themen sind nur ein Nebenschauplatz.
Der wichtigste Grund für meine Wahlentscheidung findet sich im Einsatz der Piraten für Bürgerrechte, Meinungs- und Informationsfreiheit, gegen den ausufernden Überwachungsstaat und mehr Transparenz und Mitwirkung bei politischen Entscheidungen. Keine andere Partei vertritt derzeit diese Themen glaubwürdig als ihr zentrales Kernanliegen. Warum aber halte ich das für so wichtig?
Wie Ihr vielleicht aus anderen Beiträgen von mir herauslesen könnt, bin ich recht skeptisch, was die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft angeht. Sogar auf dem Investment-Banker-Kanal Bloomberg befürchten Analysten wie Marc Faber den Zusammenbruch unserer Version des Kaptitalismus in den nächsten Jahren. Man mag die Wahrscheinlichkeit hierfür bewerten, wie man möchte. Aber es ist angesichts der enormen Probleme nicht völlig auszuschliessen. Die Geschichte zeigt aber, dass ein solcher Crash leicht von machtbesessenen Individuuen oder Gruppierungen dazu genutzt werden kann, ein System aufzubauen, in dem sie die absolute Herrschaft ausüben können. Ob eine solche Diktatur nun faschistisch, stalinistisch oder anders organisiert wird, ist dabei ziemlich unerheblich. Diese Gefahr, so unwahrscheinlich sie auch erscheinen mag, sollte aber ernst genommen werden. Die letzte große Wirtschaftskrise hierzulande hat immerhin die Nationalsozialisten und in Folge den Zweiten Weltkrieg hervorgebracht.
Deshalb ist es essentiell, dass zum einen die Demokratie gestärkt wird, indem jeder einzelne Bürger so weit und so früh wie möglich in den politischen Entscheidungsprozess einbezogen wird. Denn große Gruppen lassen sich schwerer korrumpieren als kleine. Das Internet als dezentrales Massenmedium kann hierbei vermutlich in irgendeiner Form nützlich sein.
Zum anderen muss verhindert werden, dass Strukturen aufgebaut werden, die eines Tages von böswilligen Leuten missbraucht werden können. Gerade heute sind zum Beispiel aus dem CDU-geführten Innenministerium Pläne durchgesickert, in Deutschland eine Geheimpolizei einzufüren. Zum Glück halte nicht nur ich das für eine ziemlich schlechte Idee.
Die Piraten mit Ihrem Fokus auf Bürgerrechten und sinvollem Einsatz der modernen Kommunikationstechnik bieten sich quasi als Impfstoff gegen diese Gefahren an. Natürlich werden die Piraten auf absehbare Zeit in keiner Regierung landen. Das wäre auch keine gute Idee, denn die junge Partei ist seit Anfang des Jahres von rund 700 Mitgliedern auf 9000 Mitglieder gewachsen, und wird in den kommenden Monaten vor allem mit sich selbst beschäftigt sein. Denn keine Organisation steckt ein derart rasantes Wachstum weg, ohne dass das zu inneren Spannungen führt, die erst mal verarbeitet werden wollen. Aber jede Stimme für die Piraten zeigt den etablierten Parteien, dass sie diese wichtigen Themen schlichtweg verschlafen.
Daher halte ich meine Stimme keineswegs für „verloren“, selbst wenn sie an eine Kleinpartei geht.
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